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Nyon - Thun 0:2
25.10.2008Challenge League 2008/2009


Diese Reisegeschwindigkeit wünschen sich wohl alle Thunfans, die heute schon wieder in der Westschweiz unterwegs sind. Vor dem Halt in Romont erfolgt die Durchsage: «Prochain arrêt: Romont.» Nur zehn Sekunden später erfolgt die nächste Durchsage: «Prochain arrêt: Palézieux.» Aber schliesslich rühmen sich die Stadtbehörden ja auch auf der offiziellen Internetseite www.palezieux.ch: «Plus de 230 trains s'arrêtent chaque jour en gare de Palézieux, ce qui fait de notre commune, l'une des mieux desservie de Suisse.» Kein Wunder, wenn jeder Halt in Romont gleich mitgezählt wird. Aber ein Kaff bleibt trotzdem ein Kaff. Auch wenn ich gerne einmal im Bus-Pyjama von Lausanne nach Palézieux fahren möchte. Tönt kultverdächtig.
Da es aber nun mal keinen FC Palézieux gibt, geht unsere Reise weiter Richtung Westen. In Lausanne nehmen wir den Regioexpress Richtung Nyon, dort wollen wir den Bus Richtung Coppet nehmen. Leichter gesagt als getan. Während wir Thuner schön brav bei der Bushaltestelle warten, stehen die Welschen 100 Meter weiter unten beim ersten Verkehrskreisel. Dies ist also eine Art Bus-Abwarten-Röschtigraben. Die Welschen behalten übrigens Recht, der Buschauffeur hält wirklich unten beim Kreisel. Den Bus erwischen wir aber trotzdem noch. Die hinteren Eingangstüren bleiben geschlossen, rein kommt nur, wer dem Chauffeur einen gültigen Fahrausweis zeigt. Dass dieses Kontrollsystem bereits bei einer Handvoll Thunfans zu einer mehrminütigen Verspätung führt, stört hier niemanden. Gut, denken wir, und fahren dementsprechend mit einem ähnlichen Schneckentempo-System Bus. Zur Sicherheit drücken wir vor fast jeder Haltestelle mal den Stop-Button, damit wir das Stadion auch sicher nicht verpassen. Als wir die Flutlichtanlage sehen, steigen wir dann aus… immer noch zwei Stationen zu früh, wie wir überrascht feststellen. Damals, beim Cupmatch anno 2006, waren wir halt zu Fuss unterwegs.
Auch ansonsten täuscht unsere Erinnerung. Konnte man sich damals beim 1. Liga-Verein Nyon noch im ganzen Stadion frei bewegen, herrscht beim NLB-Verein Nyon strikte Sektorentrennung. Eine gewitzte Idee bei 680 Zuschauern und geschätzten 30 Thunfans.
Schizo und ich rebellieren und kaufen uns ein Ticket für den Heimsektor. Das kulinarische Angebot mit Weisswein im Halbliter-Massbecher und Tee-Schnaps (man nehme: 1 Becher, 1 Teebeutel und 1 Gläschen Schnaps – dosieren darf man als Fan gleich selber) wollen wir schliesslich nicht verpassen.
Knifflig wird aber die Eingangskontrolle, wenn man mit den Tücken des Fussballfranzösisch nicht vertraut ist. Als Schizo abgetastet wird, sagt ihm der Security in freundlichem Tonfall: „Eh, c’est Platini.“ Schizo hat natürlich keine Ahnung, was er falsch gemacht haben soll. Derweil spaziert der Uefa-Präsident Michel Platini an ihm und mir vorbei. Insofern macht die Sektorentrennung schon Sinn: Man stelle sich eine Diskussion zwischen Italien-Fan Kevä und Turnierveranstalter Platini über die EURO 08 vor.
Doch so singt Kevä im Thunsektor und Platini trinkt Weisswein im Nyonsektor. Und auf dem Rasen schiesst Rama ein Tor. 5. Minute, 1:0. Das Spiel ist entschieden. Okay, Nyon hat auch einige Chancen, aber wirklich gefährlich sind die Angriffe der Gelben (igitt!) nie. Rama schiesst dagegen nach der Pause ein zweites Tor, das auch von Schizo und mir bejubelt wird. Doch es zählt nicht. Stürmerfoul? Offside? Doch da haben wir uns schon längstens vor der Haupttribüne positioniert und fachsimpeln mit Einheimischen. Nur gut, sprechen ein paar von ihnen Berndeutsch. Wie viele Leute sind eigentlich bei der Uefa beschäfigt?
In der 79. Minute schiesst Scarione das 2:0. Sehr zur Freude von Platini, hat er sich doch letztes Jahr beim Spiel Frankreich – Schottland beschwert, dass Les Bleus kein einziges Dribbling gezeigt hätten. Ja, beim FC Thun ist alles anders…
In der 88. Minute kommt dann die Nummer 28 des FCT ins Spiel: Andreas Wittwer. Ein 18-Jähriger. Ein Aussenverteidiger. Ein ehemaliger YB-Spieler.
Kurz vor Schluss gibt es dann noch eine Hooligan-Szene. Ein mürrischer Fan drängt mit einem Stuhl zur Sektorentrennung und will vom Gästesektor in den Heimsektor rüberwechseln. Der Fan wird natürlich durchgelassen. Tsk, tsk. Als ob man Lydia immer trauen kann. Als Lydia wieder rüber will, gehen Schizo und ich mit in den Thunsektor. Wobei wir nach dem Spiel natürlich nicht wieder den Sektor wechseln dürfen, auch wenn die Bushaltestelle näher beim Heimsektor ist. Regeln sind schliesslich dazu da, eingehalten zu werden – irgendwie.
So verpassen wir halt den ersten Bus nach dem Spiel. Doch alles halb so schlimm: Der 20.10-Zug, den wir schliesslich am Bahnhof Nyon nehmen, fährt Richtung Bern und hält natürlich auch… in Palézieux