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Thun - Aarau 2:5
12.08.2007Super League 2007/2008


Wenn ich Thun-Trainer wäre… Wie philosophiere ich doch am Mittagstisch vor meinen Eltern: Ich würde Guldan von Beginn an auf Sermeter ansetzen. Guldan soll mit hartem Einsteigen erreichen, dass Gügi entweder angeschlagen raus muss oder völlig genervt Rot sieht. Nie hätte ich in diesem Moment gedacht, dass das Duell Guldan - Gügi bereits in den ersten sieben Minuten das Spiel entscheidet. Schon nach rund 20 Sekunden trifft Guldan nicht etwa den Ball, sondern… gar nichts! Der Ball kommt zu Gügi und Rüfä motzt schon schwarzmalerisch „Schau, jetzt schiesst Aarau das 1:0.“ Und tatsächlich: Gügi schiesst das 1:0. Es kommt noch schlimmer. Sieben Minuten später ist Thun nah der Mittellinie im Ballbesitz. Genauer gesagt: Guldan hat den Ball. Doch geradezu unmotiviert verliert er den Ball. Er will die Situation retten, doch sein Befreiungsschlag wird zur idealen Vorlage für Gügi. Hallo Guldan, ihr spielt nicht im selben Team! Gügi schiesst scharf, Bettoni lenkt den Ball ab – Richtung Zahnd, der völlig falsch oder besser gesagt gar nicht reagiert. So prallt der Ball von Zahnd ins eigene Tor ab. 2:0. In diesem Moment wünsche ich mir, Guldan würde überhaupt nicht auf dem Platz stehen.
Wie habe ich doch am Donnerstag im Landboten geschrieben: „Triumphsaison der todgesagten Thun!?“ Beim Durchblättern der Zeitung dachte ich noch, der verschlimmbesserte Fallfehler sei das einzige Falsche an diesem Satz. Nach acht Spielminuten gegen Aarau beginne ich dagegen zu begreifen, dass Thun zu recht todgesagt wird. Diese Mannschaft ist faktisch tot. Kein Talent, kein Können, kein Teamspirit und schon gar kein Kampfgeist. Die erste halbe Stunde ist ganz einfach nur schlimm. Sehr schlimm. Aarau müsste sogleich drei weitere Tore schiessen. Und das bei einer absoluten Normalleistung. Aber bei Thun kommen heute halt nur gleich drei Spieler auf ihre Normalform: Bettoni, Gerber und… Ferreira.
In der 31. Minute erzielt Ferreira nach einem ausnahmsweise brauchbaren Angriff tatsächlich das 1:2. Gemäss einem Security soll van Eck in diesem Moment geklatscht und seinen Spielern lauwarm zugerufen haben. Heile Welt in Thun. Ganz nach dem Motto: Gegen Aarau liegt sicher auch mit Schlafwagenfussball ein Punkt drin. Ja genau…
Zur Pause sind die Diskussionen in der Fankurve von Fluchwörtern und Verdächtigungen geprägt. Plötzlich will jeder Fan Spieler am Thunfest gesehen haben, natürlich Alkohol konsumierend. Jedenfalls am Freitag. Wobei Einzelne wirklich so spielen, als hätten sie einen 2-Tages-Bändel getragen.
Nach der Pause üben wir uns in Galgenhumor. Rüpel-Alain und ich zählen die Sekunden nach Wiederanpfiff. Als es nach 30 Sekunden immer noch 1:2 steht, ist uns dies einen längeren Applaus wert. Sieben Minuten später planen wir einen weiteren Jux-Applaus. Doch Thun bleibt natürlich nicht so lange ohne Gegentreffer. In der 50. Minute schiesst Ianu scheinbar das 3:1. Andere Fans wollen dagegen ein Eigentor von Nyman gesehen haben – notabene Eigentor Nummer 2 in diesem Spiel. Bei so viel Thuner Passivität eigentlich kaum vorstellbar.
In der 66. Minute kommt es nur nächsten „ich bin ein Thuner Verteidiger und darf daher ohne schlechten Gewissen in der Sonne faulenzen“-Szene. Die Thuner sind sehr langsam, überaus dämlich platziert und sowieso ohne jeden Stolz auf dem Platz. Die Folge ist das 4:1 von Ianu. Und als in der 82. Minute Rogerio gar das 5:1 zum Anlass nimmt, mit seinen Kollegen ein Freudestänzchen vor der Thuner Kurve zu zeigen, sind kaum Pfiffe und umso mehr Applaus zu hören. Als in der 87. Minute Gavatorta auf 2:5 verkürzt, ist der Applaus jedenfalls auch nicht lauter.
Schliesslich ist das Spiel zu Ende. Während die meisten Thunspieler nach kurzem Blick zur Fankurve prompt in der Kabine verschwinden, bleiben gerade einmal drei Spieler für längere Zeit vor der Fankurve stehen: Gerber, Ferreira und Gavatorta. Ob sie die einzigen Feldspieler ohne schlechtes Gewissen sind? Oder die anderen Spieler ganz einfach verdammt noch mal keinen Mumm haben, die verdienten Pfiffe abzuholen? Da ausgerechnet dieses Trio gute Leistungen gezeigt hat, passiert das Unerwartete: Die Häme bleibt aus, der Applaus ist laut.
Wenn ich Thun-Trainer wäre… Das Team hätte heute Nacht wenig Schlaf. Nicht wegen Partynacht Nummer 32 der aktuellen Saison, sondern wegen einem harten Straftraining. Mein spontaner Vorschlag: Eine Nacht lang Hochwasseraufräumarbeiten in Aarau.