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Thun - Schaffhausen 2:0
24.05.2007Super League 2006/2007


Manchmal tut Aufstehen ganz schön weh. Ach, wie mein Kopf brummt. Obs daran liegt, dass mir gestern Abend ein wildgewordener Aargauer Weisswein ins Bier geschüttet hat. Ist das eigentlich eine Rüebliland-Tradition wie die weissen Socken?
Na ja, immerhin bin ich gut gelaunt, auch wenn das Wetter eindeutig zu heiss ist. Ob ich wohl das Kurzarmshirt anziehen soll, dass auf dem Stuhl liegt? "Solo pero unidos" steht drauf, daneben die Nummer "9". Wie bin ich nochmals zu diesem Souvenir gekommen? Ach, es war ein langer Abend...
Dabei begann das Spiel doch schon so spät. Anspielzeit 20.15, nie mehr seit der Champions League wurde ein Thunspiel so spät angepfiffen. Nervig ist dies nicht nur wegen der gekürzten Feierzeit nach dem Spiel, sondern auch wegen dem Gewitteralarm über unseren Köpfen. Wetten, wir werden wieder nass? Aber zum Glück werden wir ja von den Thunspielern bestens umsorgt. So kommt vor dem Spiel Bettoni zum Fansektor, um Sanel sein Trikot zu überreichen, damit unser Lieblingscapo etwas weniger nass wird. Dumm nur, dass Sanel noch gar nicht im Stadion ist. Schade, dass sich Bettoni nicht auf einen Ersatz-Trikotdeal mit mir einlässt, auch wenn mir Orange nicht unbedingt gut steht.
Ob mit oder ohne Capo in Orange, beim Einmarsch der Mannschaften ist unsere Kurve ein einziges rotes Farbenmeer. Die letzte Choreo der Saison ist zugleich die schönste, vor allem inhaltlich. "Mission erfüllt" steht auf einem grossen Spruchbanner, dazu ein grosser Fulehung und Dutzende rote Fähnchen, die geschwungen werden. Andere Choreos haben vielleicht auf Fotos besser gewirkt, aber in unseren Herzen wirkt die Aussage, dass Thun die Mission Ligaerhalt erfolgreich abgeschlossen hat, so wahnsinnig stark wie keine Choreo zuvor. Oder ist dies bloss meine Saisonabschluss-Melancholie. Andere Fans sind gar noch nicht bereit für den Saisonschluss. "Ich gebe dir das Geld nächste Woche am Spiel zurück", meint ein Thunfan zu mir. Bitte? Schaffhausen spielt doch heute um den Barrageplatz, nicht Thun. Unsere Saison ist beendet - erfolgreich!
Doch dieser positive Augenblick hat auch seine Schattenseite. Das Trainerduo wird beschenkt und wahrscheinlich zugleich verabschiedet. Bei einem Thunhelden dagegen ist der Abschied definitiv: Es ist Armand Deumis letztes Spiel in Thun. Als ihm der Dank für seine Zeit in Thun ausgesprochen wird, ist der Applaus stark. Danke für die tollen Jahre.
Schliesslich beginnt das Spiel. Mittlerweile ist auch Sanel da, den ich noch rasch mit meinem Schal geschmückt habe. Er soll ja schliesslich nicht wie ein Herr Doktor wirken bei seinen heissblütigen Gesängen.
Etwas Heissblütigkeit würde bei Spielbeginn auch den Fussballspielern gut tun. Für einmal gilt der Satz "Thun will nicht und Schaffhausen kann nicht" schon ab der 1. Minute. Für Aufregung sorgt in der ersten halben Stunde nur der Totomat - Tore für Basel, Sion und Aarau fallen. Dementsprechend erklingt praktisch im Minutentakt irgendwo in der Kurve ein Ruf für oder gegen irgend ein NLA-Team. Und ab und zu ist inmitten des lauten Rufdurcheinanders sogar ein "Forza Milan"-Ruf von Kevä oder mir zu hören.
Es ist schliesslich die 29. Minute, in der wir endlich einen schönen Angriff sehen. Hämmerli auf Mäkelä - und der trifft per Kopf. 1:0. Eine beruhigende Führung, denn in der ersten Halbzeit wirkt Schaffhausen überaus harmlos. Ob das Team überhaupt an den Ligaerhalt glaubt?
Nach der Pause wird Schaffhausen leicht stärker. Nun ist eine gewisse Gegenwehr spürbar. Aber besonders Deumi kämpft stark und erfolgreich, um den Ausgleich des Gegners zu vermeiden. Er spielt eine starke Abschiedspartie. Und nach einem Eckball in der 58. Minute ist sein und unser Glück schliesslich perfekt: Gerber tritt den Eckball Richtung Deumi, dieser trifft per Kopf zum 2:0. Danach sind in der Kurve minutenlang Armand Deumi-Gesänge zu hören.
Nun gibt es einige Wechsel. Schönenberger und Rama kommen ins Spiel - und Bettoni kommt in die Fankurve zum Mitsingen, Mitklatschen und Mitdiskutieren. "Ich gehe sicher nicht zu YB, das habe ich doch schon mal gesagt", bestätigt er noch einmal. Während der Einsatz von Bettoni in der Kurve erstklassig ist, lässt der Einsatz der Spieler auf dem Rasen in den Schlussminuten zu wünschen übrig. Zugegeben, sie kämpfen und wehren sich energisch. Aber es ist ein schlechtes Zeichen, dass sich das Spiel nun fast ganz in der Thuner Platzhälfte abspielt. Kräftesparen für den nächstjährigen Abstiegskampf? Schaffhausen ist nun die stärkere Mannschaft und müsste mindestens zwei Tore sicher machen. Doch einmal rettet Deumi auf der Torlinie, einmal die Latte.
Kurz vor 22.10 ist das Spiel schliesslich zu Ende. Gross der Jubel bei uns in Thun, gross der Jubel auch weit weg in Zürich und in Sion. Derweil ist der Schmerz beim Schaffhauser Teams und den vielleicht 50 mitgereisten Fans gross. Schaffhausen ist abgestiegen, Aarau hat sich wieder mal in die Barrage gerettet.
Für uns ist der Schlusspfiff der Beginn (oder die Fortsetzung) einer ausgelassenen Feier. Auch die Spieler jubeln mit - und unterschreiben gleich alle auf dem Ligaerhalt-Spruchband. Einige Fans werden im allgemeinen Freudentaumel beschenkt - mit Trikots, Schuhen und eben auch diesen "spanischen" Kurzarmshirts. Kevä fragt ausgerechnet Rama um sein Shirt, obwohl sie sich doch jeweils gegenseitig hänseln wie alte Saufkumpanen. Rama gibt ihm das Shirt tatsächlich. Doch eine kurze Verfolgsjagd später, wechselt das Shirt vom Rama-Gegner zum Rama-Freund. Und so laufe ich plötzlich mit der Nummer 9 herum. Kevä hat übrigens keine zwei Minuten schon wieder ein neues Shirt: "31. Weisst du, wer die 31 ist?" Glarner wärs.
Und so liegt also jetzt auf meinem Stuhl das "Solo pero unidos"-Shirt. Ãœbrigens fast trocken, den das Gewitter ist gestern wider Erwarten ausgeblieben. Freuden-Bierduschen hat's gegeben...