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Thun - Aarau 1:0
12.05.2007Super League 2006/2007


„Hurra, mir si im A.“ Dieses T-Shirt packe ich am frühen Nachmittag in meinen Rucksack, um bei einem allfälligen Sieg gegen Aarau der Welt meine Gefühlslage auch ohne grosse Worte (ich werde ohnehin heiser sein) mitteilen zu können. Nur: So ganz kann ich nicht glauben, dass Thun heute die grosse Chance wirklich nützt, mit einem Sieg gegen den Direktkonkurrenten den Ligaerhalt zu 90 Prozent sicher zu stellen. Als Mentalcoach motiviert mich meine Freundin am Telefon (ja, ihre Meistertitelgewinnprobleme möchte ich haben…), zudem läuft bei mir Wohnzimmer wie immer vor wichtigen Spielen Mundartmusik. Chum bring en hei, Alperose, Louenensee, das Thun Lied und Wenn das Gott wüsst… Ach, was bin ich nervös.
Dass ich wenig später in Bern eine halbe Stunde lang auf meinen Kumpel warten muss, weil fast alle Züge grosse Verspätungen haben, schmälert meine Nervosität auch nicht. Gestatten, der Kollege „Oltner“ ist FCA-Fan. Unser gemeinsamer Marsch zum Stadion ist dank genügend Bier (Cardinal natürlich!) und heissem Frühlingswetter zwar eigentlich angenehm. Und doch nutzen wir die Zeit vor allem zum gemeinsamen Sorgenaustausch. Thun hat seit drei Spielen nicht mehr getroffen, Aarau gar seit vier Spielen nicht mehr. Und beide haben wir einen neidischen Blick auf ein kampfstarkes Schaffhausen, das von den drei Abstiegskandidaten am Besten in Form zu sein scheint. Steigt also Thun ab? Steigt Aarau ab? Minute für Minute werden wir nervöser. Aber irgendwie scheinen nur wenige unsere Sorgen zu teilen. Wohl noch nie war es im Tea Room Lachen und rund um Stadion ähnlich menschenleer vor einem Spiel. Nur wenige Aaraufans – etwa 30 FCA-Anhänger marschieren gemeinsam Richtung Stadion. Nur wenige Thunfans – 4350 Zuschauer bedeutet eine der schlechtesten Besucherzahlen in der ganzen Saison. Ach, es steht ja nur Thuns Zukunft auf dem Spiel.
Im Stadion herrscht beim Spiel schon fast gespenstische Ruhe, teilweise wie einst bei den 1. Liga-Spielen. Genau so, wie am Abend zuvor schon prophezeit habe: „Die Fans werden zu nervös sein, um 90 Minuten Stimmung zu machen.“ So gibt es mal aus dieser, mal aus jener Ecke einen Schlachtruf und ein Mitklatschen. Mal wird getrommelt, mal durch das Megaphon ein Lied angestimmt. Und einige Minuten lang sind auch unsere Capos aktiv, bevor sie sich wieder in eine ruhige Ecke zurückziehen, um sich um wichtigen Besuch zu kümmern. Eine schwache Ausrede. Wetten, dass die Jungs ebenso ein grosses Nervenflattern haben wie ich. Hut ab von allen Fans, die bei Abstiegsduellen grosse Stimmung machen können, bei uns in Thun wäre wohl beim Barragespiel kein Mucks zu hören. Wir Thuner sind ganz einfach für den Abstimmungskampf nicht geschaffen…
Das Spiel… na ja. Ein beherzter erster Angriff der Thuner, der aber in einer Jeder-streht-sich-gegenseitig-auf-den-Fuss-Grümpelturnierszene von FCA-Goalie Benito endet. Eine Torchance nennt man so was wohl nicht.
Ja, Torchancen sind heute schwer zu entdecken. In der 22. Minute gibt es so eine Chance, als Bettoni einen Ball abwehren muss. Und in der 29. Minute gibt es so eine Chance, als Scarione aus 25 Meter einfach mal Richtung Tor schiesst. Benito wehrt den Ball nicht ab, Thun geht ĂĽberraschend 1:0 in FĂĽhrung.
Den Rest des Spieles kann man mit Spielminutenzählen gleichsetzen. Was auf dem Platz geboten wird, ist nicht NLA-tauglich. Thun will und/oder kann nicht, Aarau kann nicht gut spielen. Der Ball wird hin und her geschoben – nicht immer zu einem eigenen Spieler. Angriffe sind höchstens Angriffchen, die bei Aarau nie und bei Thun nur gelegentlich zu einem richtigen Torschuss führen. Ein Pfostenschuss hat Thun nach einem Kopfball von Gavatorta zu beklagen. Ein nicht gegebener Handspenalty bei einem Schuss in die Freistossmauer ärgert einige Aargauer… und aus irgendeinem Grund auch den Berichterstatter in Sport aktuell. Und dann ist da noch die Szene in der 66. Minute, als die Schmerzen am Oberschenkel für Bettoni so unerträglich werden, dass er erst zu Boden geht und sich dann auswechseln lassen muss. Minuten lang wird nicht gespielt, was gerade zu eine Entspannung ist zum sonstigen Gemurkse auf Platz ist. Aber eben: Die Zeit wird nachgespielt, das Spiel heute dauert somit 96 Minuten. Und genau in dieser letzten Minute hat Aarau noch eine Torchance. Pouga schiesst aber Richtung Alpenpanorama, das die Aargauer vielleicht erst in ein paar Jahren wieder auf einem fussballerischen Tagesausflug sehen werden. Notabene, weil Aarau nun in sehr grosser Abstiegsgefahr ist – und nicht Thun. So halte ich bei Spielschuss mein T-Shirt in die Höhe: „Hurra, mir si im A.“ Was 2002 galt, gilt auch 2007 immer noch. Auch wenn Schaffhausen heute auch gegen Zürich gepunktet hat und somit drei Runden vor Schluss doch „nur“ 7 Punkte hinter Thun liegt.