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Thun - GC 0-2
17.02.2007Super League 2006/2007


Ich werde alt! Diese Erkenntnis habe ich aus dem Spiel gegen GC gewonnen. Statt meinen positiven Elan aus Hunderten NLA- und NLB-Spielen weiter aktiv auszuleben und mir von Minute 1 bis zur Minute 90 meinen längst nicht immer realistischen Siegeswillen aus dem Leib zu schreien, scheine ich zum passiven Pessimisten geworden zu sein, der nur noch ab und zu mitsingt. Die gelungene Einlaufchoreo zeigt bei mir keine motivierende Wirkung, ich beachte sie kaum.
Eine langweilige erste Halbzeit zwischen Thun und GC löst bei mir neuerdings tatsächlich Schlimmes aus: Langeweile und schlimme Vorahnungen.
Da können unsere treffunsicheren Knipser mehr (Rama) oder weniger (Leandro) weit vom Spielfeld entfernt sein, ich glaube trotzdem zu wissen: Wenn in einem Spiel zwischen Thun und einer Zürcher Mannschaft die Oberländer nicht zu einem frühen Tor kommen, endet der Match unabhängig von den Spielanteilen mit einer Thuner Niederlage. Da genügt der Zürcher Mannschaft zum Beispiel ein einziger gefährlicher Pass nach einem Eckball – und schon steht es 0-1. Heute geschehen in der 49. Minute, Torschütze Galinda. Das es die erste GC-Chance des Spiels gewesen ist, versteht sich von selber.
Hätte ich meinen einstigen jugendlichen Optimismus noch, ich würde mich vom plötzlich einsetzenden Thuner Offensivtatdrang anstecken lassen. Hey, plötzlich sind die Thuner besser, kommen zu Torchancen. Neben mir wird mitgefiebert und aufgestöhnt, ich dagegen bleibe nüchtern. Was auch für mein Älterwerden spricht: Das „Nüchtern“ gilt im doppelten Sinne. Andere schwenken die Finnland-Fahne, ich nerve mich, dass Rama nicht spielen darf oder kann. Aha, verletzt? Mäkelä als neuer Hoffnungsträger? Kaum hat es zwei Grosschancen in altbekannter Ramamanier peinlich vergeben, lästere ich, dass wir keinen neuen Stürmer, sondern einen neuen Rama gefunden haben. Nur dass Rama für die gute alte NLB-Zeit mit topmotivierten und kostengünstigen No-Names steht und nicht für den aktuellen, unerfreulichen Abstiegskampf mit teuren Nationalspielern.
Ich bin sogar so alt geworden, dass plötzlich eine Fahne zu meinem Hauptproblem wird. Wie habe ich mir früher engagierte Fussballfans in Thun gewünscht. Heute nerve ich mich, dass mir in den letzten 20 Spielminuten ein junger Fan die Sicht aufs GC-Tor verdeckt, indem er seine Fahne nimmermüde herumwirbelt. Schliesslich gehe ich sogar zu ihm und bitte ihn, für die jetzt anbrechenden letzten fünf Spielminuten die Fahne runter zu nehmen. Er rät mir, einen Platz ausserhalb der Fankurve zu suchen. Ist das jetzt frech oder richtig? Kennt er mich besser als ich mich selber? Bezeichnend: Als Renggli wenig später das 2-0 für GC schiesst, stimme ich gar nicht mehr in die Fangesänge ein. Der Junge dagegen schwenkt weiterhin seine Fahne.
Schliesslich ist das Spiel fertig und verloren. Und ich als gefühlter Bald-Rentner bin nicht nur frustriert, sondern habe mich während dem Match gar noch erkältet. Keine Ahnung, wieso, damals vor sieben Tagen in Schaffhausen habe ich nach Sturm und Regen und durchnässten Kleidern nicht einmal gehustet. Aber damals war ich auch noch jung.
Ja wenn ich jetzt schon alt bin, wünsche ich mir, möglichst bald senil zu werden. So senil, wie jener altbekannter Kamerad in der Kurve, der nach dem Rengglitreffer unerwartet laut zu meckern begann und die damit feststehende Niederlage nicht akzeptieren wollte. Minuten nach dem Spiel fragt er, ob Thun tatsächlich 2-0 verloren habe. Bei der Suche nach dem verlorenen Tor werden wir schnell fündig. Der Kumpel hat das 1-0 schlichtweg verpasst und ist bis in der 88. Minute von einem 0-0 und einem sicheren Punktgewinn ausgegangen. Schön, dass zumindest er bis kurz vor Spielschluss glücklich war…