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Yverdon - Thun 0-1
12.03.2006Super League 2005/2006


Da kann Röbi noch so lange witzeln, ich sei sämtlichen Modetrends zehn Jahre voraus. Heute trage ich bewusst wieder einmal mein zu kleines gelbes Torhüterleibchen – und das erst noch wenig stilecht über der dicken schwarzen Winterjacke. Es ist der Tag der Torhüter. Beispielsweise wegen Jakupovic, der diese Woche lieber in München statt in Thun (probe-) trainierte und wohl ab morgen definitiv im Lok Moskau-Trikot trainiert. Für einen so geldgierig-schnellen Abgang muss er sich heute beim Einspielen Buhrufe und freche Sprüche gefallen los, bis er endlich auf Nimmerwiedersehen Richtung Ersatzbank marschiert. Goalie Nummer 1 ist somit heute Alain Portmann, erst zum zweiten Mal überhaupt in einem Thuner Pflichtspiel. Das sorgt wohl bei ihm und ganz klar auch für uns für einiges Nervenflattern. Aber wir denken trotzdem optimistisch und skandieren schon vor Spielbeginn minutenlang „Portmann, Portmann!“ Okay, ein paar von uns wollen auch ein bisschen die bosnischen Hits, die über den Lautsprecher ertönen, überstimmen. Wenigstens Sanel hat Freude am sehr mysteriösen Musikprogramm. Doch plötzlich wird es ruhig – es ist wieder mal Zeit für die wöchentliche „Werner Müller ist tot“-Trauerminute. Er muss ja wirklich ein ganz guter Schiedsrichter gewesen sein, dass die Schweizer Fussballfans nun jede Woche um ihn trauern müssen.
Wobei die guten Schiris schon sehr sehr selten geworden sind. Laperriere heute, so heisst der Hoyzer-Klon, der heute pfeift, ist jedenfalls alles andere als gut. Ich stehe nach einer halben Stunde gerade auf dem WC, als ich oben an der Türe einen Teil des Spielfeldes entdecke. Und was sehe ich: Eine Rote Karte! Angeblich ein Notbremse-Hands - und das am Mittelkreis. Fragwürdig.
Als ich wieder in der Fankurve bin, sehe ich, wie das Spiel ausser Kontrolle zu geraten droht. Dugic tritt voll in Portmann hinein, ein Handgemenge ist die Folge. Während einige Fans (immer noch) am Zaun hängen und völlig erbost brüllen, zückt Laperriere für Dugic die Gelbe Karte. So pures Gelb ist für eine so unsportliche Aktion viel zu mild, aber immerhin ist es die zweite Gelbe für Dugic. Gelb-Rot, auch er muss raus.
Bei 10 gegen 10 ist Thun nun knapp die bessere Mannschaft, nachdem zuvor eher Yverdon dominiert hat. Es ist aber auch jetzt ein eher träges Spiel.
Die Stimmung ist gut, laut wird es aber besonders in der Pause. Ein „Happy Birthday“ wird angestimmt, das gesperrte Geburtstagskind Deumi schaut bei uns auf der Stehrampe vorbei. Ein netter Kerl, der hoffentlich noch lange in Thun bleibt. Nicht alle sind beim ersten Geldbündel weg, Herr Jakupovic.
Apropos Geld… das (Fan-) Leben ist sehr teuer in Yverdon. Eintritt für Lehrlinge und Erwachsene 25 Franken, wobei es unerwartet viele Kinder und IV-Bezüger in unseren Reihen hat. Hot Dog 5,50 Franken. Bratwurst 6 Franken. Okay, der Bratwurstpreis ist einigermassen angemessen. Kein Wunder, da der Senf gemäss Aufschrift bereits im Januar 2006 verdorben ist, die Kosten für die Standbetreiber sind also nicht allzu gross. Das Ursprungsland und den Jahrgang der Würste möchte ich da gar nicht erst kennen.
„Hm, kennen wir eigentlich einen Yverdonspieler?“ fragen wir uns in der zweiten Halbzeit. Eine Antwort haben wir nicht, dabei spielt von uns unbemerkt ab der 46. Minute Ädu Moser im Dress der grün-weissen Champions… eh Champignons. Vielleicht ist er wenigstens Urheber eines Yverdon-Fehlschusses.
Yverdon ist Thun ebenbürtig, doch Gott sei dank gelingt Thun in der 60. Minute endlich die Führung. Milicevic köpft zum 1-0 ein.
Der Beginn eines gemütlichen Nachmittages im Schneetreiben? Nein! Denn eine Viertelstunde später sieht auch Milicevic die Rote Karte. Nach einem Dutzendfoul zeigt ihm Laperriere, der absolut kein Fingerspitzengefühl zu haben scheint, Gelb-Rot.
Yverdon drückt nun, doch Portmann scheint mit jedem Angriff besser zu werden. Er ist absolut heiss und will sich um keinen Preis der Welt bezwingen lassen. Doch auch er hat nicht mit der Giftigkeit Laperrieres gerechnet. In der 80. Minute zeigt der nämlich nach einem Zweikampf im Thun-Strafraum auf den Elfmeterpunkt! Gomes läuft an, schiesst den Ball in die rechte Ecke – und Portmann schlägt den Ball mit voller Wucht ins Seitenaus! Gross unser Jubel. Alle Skepsis hat ein Ende gefunden, Portmann hat sich heute mit einer tollen Premiere in unsere Herzen gespielt.
Doch das Spiel ist noch nicht zu Ende, Friedli vergibt noch eine klare Torchance und Laperriere vergibt die noch klarere Chance, nach einem Zweikampf im Yverdonstrafraum die Thuner mit einem absolut nicht erfundenen Penalty wieder etwas milder zu stimmen. Doch wenigstens pfeift er kurz darauf nach für uns überlangen drei Nachspielminuten ab. Trotz einem katastrophalen Schiri hat Thun erstmals seit dem November wieder in der Super League gewonnen.
Bleibt der Heimreise. Ein paar „Fans“ – DANKE FÜR GAR NICHTS! – rennen blindlings auf den nächsten Zug, während der kümmerliche Rest der Zugfahrer mal wieder die ganzen Fanutensilien alleine wegräumen muss. Schwer gepackt wollen auch wir dann los Richtung Bahnhof, doch die Securityleute versperren uns den Weg. Wir dürfen nicht auf dem direkten Fussweg am Thuncar vorbei Richtung Innenstadt, man schickt uns in unfreundlichem Ton seewärts zu einer Brücke. Als wir die überqueren und nach einigen Minuten auf der anderen Bachseite wieder auf der Stadionhöhe sind, entdecken wir, dass die Security mittlerweile die Absperrung weggeräumt hat. Es fallen ein paar böse Wörter.
Den fast einstündigen Aufenthalt am Bahnhof verbringen wir vor allem in der Apotheke. Die Stoffsessel sind absolut bequem und nebenbei lernt man ganz viele schlaue Dinge über Kleinkindfutter, Herpes-Shampoo (oder wie heisst das genau?), Lippenstifte, Handcreme und Kuhtassen. Keine Frage, dass wir da gleich ein paar kultige Werbespots mit Röbis Kamera drehen.
Die Stimmung ist auf der ganzen Rückreise wieder einmal genial – und um auch unsere Fairness und Kinderfreundlichkeit unter Beweis zu stellen, verschenkt Röbi mein elektronisches Murmeli aus einem schon gestern in Fribourg gekauften Happy Meal an einen kleinen Reiner Bieli. Er strahlt fast so glücklich wie ich, wenn das Plastikding mal wieder piepst. Die sichtlich genervte Mutter würde Röbi wegen dem nervtötenden Geschenk wohl am liebsten erwürgen. Aber weiss schon sie. In zehn Jahren werden auch elektronische Murmeligeräusche voll im Trend sein…

P.S. Es ist das erste Wochenende in der Saison 2005/2006 - also seit letztem Sommer - an dem sowohl Thun im Fussball, als auch auch Gotteron im Hockey gewonnen haben. WIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIHUUUUUUUUUUUUUUU!