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Thun - Xamax 2-3
18.11.2005Super League 2005/2006


2-0 ist „mein Team“ in Führung. Es ist klar die bessere Mannschaft auf dem Platz, gegen den Tabellenletzten muss dieser Vorsprung einfach für die restlichen Minuten reichen. Ich bin mir so siegessicher, dass ich das letzte Spieldrittel von der Bar aus verfolge und bloss hin und wieder auf dem kleinen Bildschirm überprüfe, ob die eigene Mannschaft auch noch ein drittes Mal jubeln kann. Fribourg-Gotteron wird heute Abend gegen Langnau gewinnen…
24 Stunden zuvor war die Situation im Lachenstadion genau gleich. Dank zwei cleveren Toren von Mauro Lustrinelli liegt auch der FC Thun 2-0 in Führung gegen ein Team vom Tabellenende, hier Xamax. Eine halbe Stunde vor Schluss sind wir Thunfans längst alle in Feierlaune, viele holen sich Bier, da in diesem Match eh nichts mehr passieren wird. Offen bleibt lediglich die Höhe des Sieges.
Ein Trugschluss. Wie nie zuvor und hoffentlich auch nie wieder sehe ich so viele traurige Jungs mit Bierbechern zurückkehren. „Was 2-2?“ fragen mehrere entsetzt, nachdem Besle und Agolli in der 62. und 63. Minute dem Spiel eine unerwartete Wendung gegeben haben. Und ein besonders unaufmerksamer Fan kann eine Viertelstunde vor Schluss behaupten, er habe nur die beiden Thuner Tore gesehen – dies zu einem Zeitpunkt, als Thun nach einem Tor von Rey jetzt sogar 2-3 im Rückstand liegt. Es ist ein Alptaum. Einen schmerzlosen Sieg vor Augen, haben die Thuner auf einmal mit Spielen aufgehört. Jedes der drei Gegentore wird teilnahmslos eingefangen, von Kampfgeist fehlt jede Spur. Und das nicht etwa in einer Woche mit zwei Thunspielen – sondern nach fast zwei Wochen ohne Spiel! Es ist zum Davonlaufen – aber okay, all die Champions League-Modefans sind ohnehin nicht an dieses Spiel gekommen, „3800“ (die Anzahl Zuschauer) ist neben dem „2-3“ die zweipeinlichste Zahlenkombination des Abends. Aufhören, abpfeifen, alle Raus!
„Als Thunfan kann ich dich ernst nehmen, als Fribourgfan nicht“, wirft mir am Samstagabend ein SCB- und YB-Fan vor. Ich weiss, es gilt im Kanton Bern als uncool, Fan von Gotteron zu sein, während zumindest an Champions League-Abenden von ein paar Dutzend echten YB-Fans abgesehen alle einen Thun-Schal tragen wollen. Thun ist im Trend. Ich hasse es. Ich kann und will es nicht verstehen, wie Mannschaft und Zuschauer nur einen kleinen Teil der Pflichtspiele wichtig nimmt und Super League-Spiele als unwichtig bezeichnet – von Zuschauern hunderte Mal gehört, bei den Spielern hunderte Male vermutet.
Ich will auch im Fussball endlich wieder eine Mannschaft supporten können, die Spiele gegen Tabellenletzte ernst nimmt und in der nationalen Meisterschaft mit ganzem Herzen gewinnen will. Ja, Fribourg hat übrigens 3-0 gewonnen…

Matthias Engel