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Aarau - Thun 2-1
24.09.2005Super League 2005/2006


"Morn gwinne, he!" Der ältere Mann reagiert nicht auf meinen Zuruf. "Doch, gäge Xamax sött doch e Sieg häre." "Eh ja..." meint der Mann bescheiden, bevor er Richtung Haupttribüne verschwindet. Bidu Zaugg - immer noch YB-Trainer ! - will sich wohl nicht nachsagen lassen, er habe gegen Xamax einen Sieg erwartet. Dabei ist doch ein YB-Heimsieg gegen Xamax ebenso Pflicht wie regelmässige Siege der Thuner gegen Aarau.
Wir Thunfans sind jedenfalls zuversichtlich vor dem Spiel, zuletzt haben die Thuner ja am 8. Dezember 2002 verloren - eine Testspielniederlage im Penaltyschiessen ein paar Monate später einmal ausgenommen.
Doch an diesem Wochenende zählt nicht nur das Resultat auf dem Spielfeld, Abstimmungskampf liegt in der Welt. Die Aarauer Stimmbürger müssen über den geplanten Mittelfeldpark entscheiden, wir Thuner können vor unserem Sektor zumindest noch FDP-Unterschriftbögen ausfüllen. Es werden Stimmen gegen das Verbandsbeschwerderecht gesammelt. Oder kurz ausformuliert: "gegen den VCS". Federführend ist die FDP Zürich, die damit einige Sympathiestimmen unter den Fussballfans holt. Doch dummerweise wohne ich in Münsingen, wo die FDP sich als einzige Ortspartei gegen einen Kunstrasen für den FC Münsingen gewehrt hat. Wenigstens vor der Thuner Stadionabstimmung erhoffe ich mir dann mehr FDP-Fussballfreunde.
5000 Zuschauer sind im Stadion - weniger als bei Düdingen-Thun vor einer Woche. An den Thunfans liegts nicht, hunderte Thunfans haben den Weg ins "Brügglifäud - dritte Wäut" gefunden, darunter auch einige Servettefans. Während es sich bei Conne und Stephi um einen freundschaftlichen Besuch handelt - in Wahrheit fiebern sie per SMS per bei Bulle-Servette mit - haben zwei langjährige Servettejungs dem Verein dem Rücken zugekehrt und fiebern nun für Thun mit. Schade.
Es ist das Spiel von Kult-Spieler Reiner Bieli, der immer wieder alleine vor Jakupovic auftaucht, aber zumindest in der ersten Halbzeit immer wieder verschiesst. Bieli geniesst bei uns so viel Aufmerksamkeit, dass alleine ihm drei (!) verschiedene Schlachtgesänge gewidmet sind. Daneben gibt es nur einen Einzelspielersong für die Aarauer: "Alle schiessen Tore, nur Giallanza nicht, der kann das nicht, das...."
Leider trifft dieser Song bei aller Sympathie auch immer mehr auf Lustrinelli zu, der in einem Formtief steckt. Auch heute verstolpert er wieder die einfachsten Bälle. Die Chancenauswertung von ihm ist schlecht - wie auch von manchem anderen Spieler auf dem Platz.
Schliesslich ist es Bieli, der den ersten Treffer erzielt. Schon als er auf den Ball zielt, schreit ein Fan neben mir "Tor" - er hat recht. 1-0 für Aarau in der 60. Minute.
Doch die Thuner können reagieren. Ein schöner Pass von Aegerter auf Lustrinelli - und dann trifft er mit etwas Glück in der 72. Minute tatsächlich. Sein 50. Super League-Treffer.
Und doch verliert Thun noch. Der ansonsten starke Jakupovic steht für einmal richtig im Schilf draussen und verfehlt den Ball in bester Zubi-Manier. So muss in der 81. Minute Tcheutchoua den Ball nur noch ins leere Tor einschieben. Die Niederlage ist perfekt - ein bisschen auch, weil Schiri Rogalla mit Ausnahme der langen Nachspielzeit eher aaraufreundlich pfeift.
Der Weg nach Hause ist trotzdem fröhlich, nicht zuletzt dank all den gut gelaunten Aaraufans rund um den Bahnhof. Als ich schon etwas müde später in Bern auf die S-Bahn warte, lüpft noch ein Jüngling seinen Pullover und zeigt mir mit viel Arroganz in den Augen sein YB-Trikot. Zumindest er ist vor dem Match gegen Xamax siegessicher.

P.S. Das "Ein Ja für unsere Zukunft"-Transparent im Brügglifeld halt leider nichts genutzt, die Mittelfeldpark-Abstimmung hat der FC Aarau Stunden nach dem Match klar verloren.

Matthias Engel