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Thun - GC 2-5
01.05.2005SuperLeague 2004/2005


Zu heiss! Heute bleibt mein Thundress im Rucksack, die Frühlingssonne brennt zu stark. Stattdessen trage ich ganz unauffällig das Aufsteiger-T-Shirt „Hurra mir si im A.“ Wie fragt doch Herr Aebikurve 77 schnippisch: „Steit da nid „Hurra mir si ir CL“ druf?“
Die Medienpräsenz ist gross am heutigen Sonntag. Nicht nur zeigt SAT1 ja den Match live, es wimmelt nur so von Fotografen und Reportern. Glück hat da noch, wer wie Röbi oder Sarah „nur“ zwei Uni-Girls Interviewfragen zur Fussballszene beantworten muss. Ich dagegen werde wie Andy und Laura gleich vom Schweizer Fernsehen gefilmt. 10 vor 10, aha! Den Fragesteller kenne ich ja schon von meinem Blick-Auftritt, die Medienwelt ist scheinbar wirklich klein. „Macht’s dir etwas aus, die Brille auszuziehen?“ heisst es gleich zu Beginn. Ich nicke, obwohl ich so blind wie ein Durchschnitts-Schiri bin. Aber was macht man nicht alles, um am Fernsehen geil rüberzukommen. Also wehe, meine flammende „Platz 2 ist sicher, nun müssen wir um den Meistertitel kämpfen“-Rede wird dann nicht gesendet.
Die Stimmung ist angespannt vor dem Spiel: Klappt die geplante Choreo? Gibt es endlich ein volles Stadion? Und vor allem wie gut spielen die Thuner gegen die Latour Provinzmannschaft aus ZĂĽri?
Die harte Arbeit einiger Fanclubjungs für die aufwändige Choreo jedenfalls macht sich absolut bezahlt. Toll sieht er aus, der gestalterisch umgesetzte Traum vom Meistertitel. Und ebenso toll ist, dass auch die Spontan-Matchbesucher beim Hochhalten der gigantischen Fahne mithelfen. So macht Fanarbeit Spass!
Kurzum: Fussballspass in Thun. 9200 Zuschauer sind trotz Fernseh-LiveĂĽbertragung ins Stadion gekommen. Eine ganze Region hat den Meisterpokal vor Augen!
Doch eben. Keiner kennt den FC Thun so gut wie Budi Latour. Und der ist dummerweise nun Trainer bei GC, ausgerechnet bei dem Team, gegen das die Thuner diese Saison noch kein einziges Tor erzielt haben. Ob da die derzeitige traumhafte Torserie wirklich spielerisch leicht fortgesetzt werden kann?
Die Antwort lautet: NEIN! Zwar spielen die Thuner auch heute selbstbewusst, doch die Tore schiessen die Zürcher. Und das schon ab der 3. Minute. Der arrogante GC-Tortanz direkt vor der Thuner Fankurve wird zum Startsignal für ein alptraumhaftes Spiel, das hier zwecks Schmerzmilderung im Schnellzugstempo erzählt werden soll. 3. Minute: Rogerio 0-1. 16. Minute: Eduardo 0-2. 26. Minute: Renggli 1-2 – kurze Hoffnung in der Fankurve. 33. Minute: Hürlimann 1-3. Und wir beginnen uns alle zu fragen, warum heute so viele individuelle Fehler der Thuner passieren. Liegt es an Latours Allwissen über Thun? Oder sind die Thuner nach den vielen Spielen in den letzten Tagen einfach stehend k.O.?
In der Pause ist Galgenhumor angesagt in der Fankurve. Mit den obligaten vier Toren in der zweiten Halbzeit würde es ja noch reichen… Was sagen da die GC-Fans dazu: „Thun ist eine Fisch!“ Wir „lieben“ dieses auch heute wieder kurz aufgehängte Transparent!
Zu reden gibt aber auch die Schirileistung. Milde ausgedrückt pfeift Leuba nicht gerade thun-freundlich. In unseren Augen sind die Foulpfiffe ebenso falsch wie die Fähndliakrobatik seines Kollegen an der Seitenlinie. Besonders Red Fanatic schreit den ganzen Nachmittag böse Worte Richtung die Herren in schwarz.
Nur eben, Thun liegt heute nicht wegen dem Schiri zurück. Und dieser Rückstand wird leider immer grösser. 53. Minute: Eduardo 1-4. 61. Minute: Penaltypfiff, Cabanas trifft zum 1-5. Der zweite Thuner Ehrentreffer von Lustrinelli in der 86. Minute ist nur ein schwaches Gegenmittel gegen den Niederlagenfrust.
Und doch wird die Mannschaft gefeiert am Spielschluss. Sie hat zwar unglücklich gekämpft – aber sie hat 90 Minuten lang gekämpft. Und ja, der Meistertitel ist immer noch möglich, wieso also wegen einer Niederlage gleich alle Euphorie vergessen. Wenn der gebastelte Meisterpokal nach Spielschluss vergessen auf der orangen Laufbahn liegt, ist das bestimmt nicht symbolisch zu verstehen. Champions League, wir kommen!

Matthias Engel