Thunfans » Spielberichte » SuperLeague 2004/2005 » Aarau - Thun
Aarau - Thun 1-7
09.04.2005SuperLeague 2004/2005


Es gibt Tage im Leben, die vergisst man einfach nie. Noch auf dem Totenbett wid man sich an jene einmaligen Stunden erinnern. Der 9. April 2005 gehört bestimmt zur faszinierenden "So ein Tag, so wunderschön wie heute"-Kategorie.
Dabei ist zunächst der Frust gross bei uns Thunfans, als wir beim Aufstehen ein verschneites Oberland vor uns sehen. Wird das heutige Spiel gar abgesagt? Ein Blick auf Webcams in der Stadt Aarau schafft Erleichterung. Im Rüebiland regnet es nur, einer Reise zum eisgekühlten Reiner Bieli und seinen Kumpanen steht daher nichts im Wege.
So eine Reise ist aber gar nicht so einfach. Wer sich nämlich nicht frühzeitig für den Car angemeldet hat, hat heute ganz schön Pech. Wie schon gegen GC ist 50+-plätzige Car wieder ausgebucht. Aber es bietet sich ja auch die Gelegenheit zu einer Zugfahrt - diese ist aber nur vermeintlich kurz. Ein paar Jungs führen nämlich eine Servette-Gedenkfahrt durch. Diese Route von Thun nach Aarau führt tatsächlich über Genf! Dabei kann man sich doch auf ganz einfachere Art an die schönen Servette-Zeiten zurückerinnern und sich wie vor dem Spiel mit überaus lieben Rüebliland-Grenats treffen. Selbstverständlich handelt es sich dabei um Frauen.
Überhaupt ist das eine Art Frauenabend für mich. Ein weiblicher Fan macht von sich aus den Vorschlag, bei einem hohen Thunsieg für ein freizügiges Foto bereit zu stehen. "Aber Thun muss 4-0 gewinnen oder mindestens vier Tore mehr als Aarau schiessen." Abgemacht!
"Merci Aegerter" steht bei Spielbeginn auf einem hoch gehobenen Transpi bei uns. Schön zu sehen, dass doch noch einer dem Klub treuen bleiben will. Ganz andere Sorgen haben die Aaraufans, die mit ihrem Transpi die Spieler erinnern, auch einmal in einer zweiten Halbzeit Fussball zu spielen.
Irgendwie versteht der FCA diese Bitte ganz falsch, spielen sie doch heute bereits ab Spielbeginn völlig peinlich. Die Startviertelstunde ist einziger Thuner Sturmlauf, gleich mehrmals müsste Thun in Führung gehen. Nach 20 Minuten ist es dann soweit. Nach einer Super Kombination schiesst Renggli zum 1-0 ein. In der 34. Minute erwischt dann Raimondi seinen Gegnern=2-0. Und wir rätseln darüber, ob der künftige YBler bei seinem Torjubel tatsächlich das Thunlogo auf seinem Trikot küsst.
2-0 heisst es somit in der Pause, gegen statt für den FCA. Ob die nun in der zweiten Halbzeit endlich mispielen. Die Antwort ist ein klares Nein. In mancher Spielsituation scheint es so, als stehe beim FC Aarau nur Bieli auf dem Platz.
Opango jedenfalls verabschiedet sich in der 65. Minute mit einem Notbremsefoul gegen Lustrinelli aus dem Stadion.
Kurz darauf zeigt Gelson, dass man als Rodriguez auf dem Brügglifeld spielend einfach trifft. 3-0 nach 68 Minuten.
Das passt Reiner Bieli gar nicht. Sein 1-3 in der 70. Minute ist wunderschön und sicher das Tor des Tages und trotzdem wertlos. Nur eine Anwesende, die plötzlich gar nicht mehr so freizügig sein möchte, freut sich ein wenig über das Tor.
Doch sie freut sich zu früh! In der 74. Minute erhöht Pallas zum 4-1, in der 78. Minute Lustrinelli zum 5-1.
Danach kommen Savic und Ädu Moser für Raimondi und Lustrinelli. Erst trifft zwar noch Gelson ein zweites Mal, es ist das 6-1. Doch dann kommt der grosse Moment von Ädu Moser. In der 91. Minute trifft auch er endlich einmal, den einen Ball so knapp vor der Torlinie verstolpert auch einer wie er nicht immer.
Dann ist Schluss. Vor 3700 Zuschauern gewinnt Thun tatsächlich 7-1, es ist der höchste Sieg der Vereinsgeschichte.
Längst jubeln wir Fans da schon auf dem Zaun oben, sicher 20 Leute sind bei der Welle mit der Mannschaft oben. Verständlich im Siegestaumel, doch auch dumm. Jedenfalls in meinem Falle. Im legendären Diogo-Stil bleibe ich beim Runtersteigen mit zwei Fingern hängen... als nächstes sehe ich blutige Hautfetzen. Dank einem tollen Mercutio, einem Super-Sanitätsteam und nicht zuletzt den hilfsbereiten Servettenfrauen kann man sich im Spital Aarau schon eine halbe Stunde kümmern. Der Assistenzarzt, der mirch gesundflickt, ist ein Deutscher und Bayern München-Fan. Gemeinsam mit ihm und dem ebenfalls deutschen Pfleger habe ich einen recht spassigen Abend. Dumm, dass meine Handnarkose erst nach der zweiten Spritze wirkt und ich in den ersten Minute alle Nähstiche deulich spüre.
Nach meiner erst dritten Matchbesuchtaxifahrt (siehe einst eine Verspätung in Wil und ein Wodkatrauma in St. Gallen) verlasse ich Aarau im 0.39-Zug mit einer eingegipsten Hand. Gelegenheit, ein freizügiges Foto zu machen, hatte ich trotz 6-Tore-Vorsprung keine.

Matthias Engel