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Wil - Thun 2-2
31.05.2003NLA Finalrunde 2002/2003


"Hene Moser, Hene Moser, Hene Moser, du bisch e geile Siech!" Der häufigste Thuner Fangesang, der an diesem warmen Frühlingsabend erklingt, ist dem abtretenden FCT-Captain gewidmet. Zwischen vielen Ballonen und Konfetti findet sich auch ein Abschiedstransparent für jenen Fussballheld, der das Thuner Fussballwunder der letzten Jahren massiv mitgestaltet hat.
Ja, es ist teilweise ein sehr nachdenklicher Abend in Wil, irgendwie hat ein jeder im Stadion den "Saisonabschluss"-Blues. Gerade auch die Spieler, treten sie doch besonders in den ersten Minuten sehr verkrampft an.
Dies bekomme ich jedoch mal wieder nicht mit. Zwar habe ich heute das Stadion problemlos gefunden, das Wiler Städtchen ist ja so klein, dass selbst ich mich orientieren kann. Doch nach rund fünf Minuten merke ich, wie gefährlich doch so eine Ballon-Choreo für einen Tolpatsch wie mich ist. Ich bringe es fertig, mir selber mit drei rot-weissen Ballonen die Brille aus dem Gesicht zu schlagen. Die Brille fliegt im hohen Bogen durch die Luft, fliegt unter die Ttribüne, wo sie irgendwo im hohen Gras liegen bleibt. Und so beginnt dort unten für mich und einige hilfsbereite Kollegen eine langwierige Suche.
Derweil trumpfen die Wiler auf dem Spielfeld gross aus, wollen ihr Recht auf einen NLA-Platz unterstreichen. Und so schiesst Lustrinelli nach zehn Minuten zum 1-0 ein. Eines der wenigen Tore in dieser Saison, das ich nicht sehe.
Röbi schreit kurz darauf auf. Er hat meine Brille gefunden. Keine Frage, dass diese Leistung mit einem Gratisbier von mir belohnt wird. Und bald stehe auch ich wieder auf statt unter der Tribüne.
Der "Saisonabschluss"-Blues nimmt immer weiter zu, besonders für die nicht wenigen FCB-Fans unter uns. Weil nämlich GC in Bern in Führung liegt, scheint der Baselsieg gegen Xamax nutzlos zu werden. Doch Mitzu sendet uns von seinem Krankenbett aus noch ein bisschen Hoffnung. Laut Fernsehbildern spiele YB besser als GC. Doch manchmal sind halt Fussballresultate nicht gerecht.
Nicht gerecht ist in unseren Augen auch das Resultat in Wil, doch dies entspricht leider den Spielanteilen. Und weil die Thuner so zögerlich spielen, kommt Wil in der 29. Minute gar noch zum zweiten Tor. Morales ist der Schütze.
"Das wird wohl nichts mit dem UI-Cup", meldet sich da Sascha per Handy. Irrtum, würde doch Platz 8 wegen den Verzichten vom EFZEZET und Servette auch für europäische Spiele reichen. Allerdings wollen wir Thuner uns nicht einfach so mit dem letzten Platz zufrieden geben, auch wenn es in der Finalrundentabelle ist. So rufen wir weiterhin lautstark - auch die Spieler geben nun so richtig Gas.
Kurz vor der Pause tritt erstmals Rama so richtig in Erscheinung und wird geradewegs umgesäbelt. Der sonst eher schwache Schiri Beck pfeift Penalty, Pädu Baumann erzielt gekommt das 2-1. Einen so guten Penaltyschützen gibt es in ganz Italien nicht!
In der Pause stellt sich wieder einmal die berühmte Senffrage. Es gibt natürlich keinen, denn der Wurst sei ja bereits Senf respektive irgendetwas anderes Gewürziges beigemischt. Seltsame Tradition.
Als ich mein Handy mal wieder hervorhole, warten da ganze vier Kurzmitteilungen auf mich. Pädu meldet erst ein 0-2 und dann ein 1-2 bei YB-GC, Martina sorgt sich um ihre Yakin-Jungs und verflucht daher GC und auch vom Match EFZEZET-Servette kommen keine guten Nachrichten, sondern die Meldung einer Zürcher Führung. Was für ein "Saisonabschluss"-Blues.
Wenigstens in Wil macht der Match auf einmal Spass. Die Wiler ziehen sich zurück, wollen wohl den Sieg defensiv sichern. Doch die Thuner haben was dagegen, greifen voller Kampfgeist immerzu an. Gestopft werden sie dabei vor allem von eher fragwürdigen Pfiffen von Schiri Beck. Da bei jedem solchen Pfiff im Thunsektor Bier von hinten zu fliegen kommt (böse böse Aebikurve, böser böser Ostblock!), werde ich zu einer regelrechten Bierskulptur.
Doch zum Ärger bleibt keine Zeit, kommt es doch bald zu einem ganz schönen Thunangriff. Ein Thuner Tor kündigt sich an, es wird eines der fünf schönsten der ganzen Saison werden. Rama kommt im Strafraum per Kopf an den Ball. Er köpfelt nach vorne, trifft - das vielumjubelte 2-2. Und so liegt Thun nun auf Platz 7.
Plötzlich beginnt es zu Tröpfeln. Einige Wiler Hobbyfans im benachbarten Sektor gehen sofort in Deckung, wir dagegen harren aus, selbst als das Tröpfeln in einen "wir erinnern uns an Mitzu"-Platzregen wechselt. Und so werden wir in den letzten zehn Spielminuten der Saison nochmals so richtig durchnässt. Übrigens: Da selbst ich manchmal aus Schaden klug werde, bleibt anders als beim GC-Sturmwetter dieses Mal mein Handy in der Hosentasche stecken. So bekomme ich zwar als die Negativmeldungen betreffend all den anderen Spielen nicht mehr aus ersten Händen mit, aber die "GC ist Meister"-Botschaft erreicht auch den Thunsektor.
Schliesslich ist das Spiel zu Ende. Der Regen hindert Spieler und Fans nicht an gemeinsamen Jubelszenen. Streller wirft sein Trikot in die Menge, Heinz Moser trennt sich für uns von seiner Captainbinde. Rüpel-Alain ist der Glückliche, der sie bekommt, und er freut sich wirklich sehr darüber.
Kaum haben wir dann unsere Fahnen zusammengerollt, hört es auf zu regnen. Merci du Wettergott, der du uns diese Saison so häufig gequält hast.
Den positiven Schlusspunkt der Saison setzt dann aber das freundliche Team am FC Wil-Bratwurststand. Sie verteilen die restlichen Würste Gratis an uns Thunfans. Das ist nun wirklich toll. So hoffen wir denn auch, dass wir nächste Saison weiterhin nach Wil reisen dürfen und nicht etwa nach Luzern, Wiler Senfmangel hin oder her.
Während wir Thuner recht schnell zum Bahnhof gelangen und in den 23.07-Zug nach Zürich einsteigen, erleben die befreundeten Servettegirls eine scheinbar typische Zürinacht. Tram verpasst, Zug verpasst. Und so steigen sie nach Mitternacht in Zürich in den selben Zug wie wir. Und so bekommt diese Saison noch ein witziges Abschlussbild: Während wir Thuner immer noch recht nass sind und auf jedem Sitz Wasserflecken hinterlassen, sitzen die Servettiens in heissen, selbstgebastelten Servette-Tops da. Halt nur bis Aarau.
Der Abend klingt langsam aus, in Herzogenbuchsee verlässt uns auch ein recht angeschlagener Rüpel-Alain. Man wünscht ihm während der Sommerpause einige nüchterne Tage.
Zurück bleiben von uns Zugfahren, die meisten Thunfans sind ja zur gleichen Zeit mit dem Fancar längst in Thun angelangt, schliesslich noch Röbi, Gabi, Siki, Urs, Andy und ich. Eine richtige Fangruppengrösse für die letzte Liftffahrt in Bern, mittlerweile auch eine Tradition von uns Thunern. Aus Traditionsgründen kaufe ich zum Saisonabschluss auch noch ein Kebab ohne überhaupt Hunger zu haben. Ob er wohl deswegen gleich auf dem Boden landet und das ganze Fleisch verliert? Doch der Kebabverkäufer hat ein Einsehen mit mir und gibt mir gleich eine neue Kebabportion. Damit ist die Welt wieder in Ordnung, vielleicht mal von den weissen Flecken auf meinen Hosen, Schuhen, Socken abgesehen.
Unsere Fanfahrt geht schliesslich im Moonliner weiter. Dort esse ich dann tatsächlich drei, vier Bissen Kebab, denn Rest des Kebabs isst Gabi. Wohl gut so, denn dann stoppt sie mal kurz ihr Hip Hop-Texte-Reimen. Denn was interessieren an einem Abend wie diesem Berner Ghettosprüche. Und so stimme ich ein letztes Mal an diesem Abend die Heinz Moser-Hymne an. "Hene Moser, Hene Moser, Hene Moser, du bisch e geile Siech!"


DANKE FÃœR DIE TOLLE SAISON, IHR SUPER SUPER THUNSPIELER!


Matthias Engel