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Thun - Servette 3-1
26.04.2003NLA Finalrunde 2002/2003


Fernsehbeweise. Wie gut wäre es doch jeweils im Stadion zu wissen, wies dies und das ist, das man entweder verpasst oder dann halt nur mit Thuner Brille gesehen hat. Oder hätte dann so ein Fussballspiel gar kein Emotionen mehr?
Die ersten Emotionen jedenfalls sind heute im Lachen sehr negativ. Besonders das Wetter nervt, nach einer überaus sonnigen Woche ist es regnerisch und kalt. Doch ein echter Thunfan verzichtet auf den Schirm und trotzt dem Regen so richtig stur und mürrisch. Einige Fanclubmitglieder befinden sich dabei erstmals an anderer Stelle. Weitab vom hektischen, kindischen und peinlichen Geschehen im bekannten Fansektor, begrüssen Lydia, Willi und ich die Spieler einmal rechts vom Olympiator. Wobei, auch hier hat Lydia schnell mal Krach mit einem Jungen, der vor ihr auf einem Steinmäuerchen steht. "Wenn der nicht weggeht, schmiess ich ihn runter!" droht sie.
Diese Atmosphäre ist mir dann auch zu hektisch, weshalb ich mir schliesslich die erste Halbzeit direkt unter dem Olympiator anschaue. Überraschung: Hier ist es trocken.
Das Spiel beginnt hektisch, schon in den Spielszenen merke ich, dass auch ein österreichischer Schiedsrichtl in bester Fussballmafia SFV-Manier gegen Thun pfeift. Innert weniger Minuten bringen zwei Fehlentscheide alle Thuner (Fans, Team und Betreur) zum Kochen. Erst kommt im Servette Strafraum Balmer penaltyreif zu Fall - und der Schiedsrichtl pfeift nicht. Dann fällt kurz darauf ein Genfer im Thuner Strafraum - und der Schiedsrichtl pfeift! Zwei Fehlentscheide? Die Fernsehbeweise könnten uns leicht umstimmen. Denn Szene 1 war korrekt, Szene 2 eher nicht. Nun, wir Thunfans sind trotzdem ganz wild, pfeifen und schreien, hoffen auf Wölfli, doch wie schon in Genf verwertet Bratic auch heute wieder seinen Penalty. 1-0 für Servette.
Kein Wunder, freuen sich da die Servette Fans. Aber gleich oben ohne, das ist schon ein wenig krass. Da frage ich mich doch direkt, in welchem Tenu da die beiden befreundeten Servette Girls jubeln. Der Fernsehbeweis würde mich beruhigen, ganz angezogen freuen sie sich ganz zuoberst im Gästesektor.
Da die Thuner in dieser Saison nach einem 0-1-Rückstand noch nie gewonnen haben, verlasse ich meinen Stehplatz, um mir Frust-Pommes Frites zu organisieren. Am Essstand bin ich erst ziemlich alleine, wahrscheinlich der erste Frites-Besteller an diesem Tag. Entsprechend diskutiere ich, ob ich nicht eine doppelte Portion bekommen könnte, denn in so einer Friteuse hat ja mehr Platz an nur so ein Portiönchen. Nun, der Deal klappt noch besser als erhofft. Nicht nur wird meine Schale mehr als gefüllt, auch bekommt das auch anstehende Moni ihrer Frites umsonst. Toll dieser Service, da bin ich doch direkt wieder gut gelaunt.
So komme ich also an meinen Platz zurück und sehe gerade noch so den Ball im Netz zappeln. Der Fernsehbeweis würde mir hier sagen, dass Rama den Ball reingekickt hat. Auch der Stadionspeaker würde diesen Hinweis benötigen, gibt der doch Streller als Torschützen bekannt.
Und plötzlich spielt Thun besser. Die Kombinationen klappen, hinten sorgt Heinz Moser trotz der Penaltyattacke für Ruhe, im Mittelfeld läuft der Ball und vorne werden gute Chancen oder dann halt zumindest Eckbälle erarbeitet. In der 42. Minute kommt es zu so einem Eckball. Der Ball fliegt mitten in den Strafraum, Aegerter kommt an den Ball, Schuss und 2-1. Der Jubel ist riesig.
Der richtige Moment für einen weiteren Gang zum Essstand. Dieses Mal steht ein Jubel-Glace auf meinem Wunschzettel, Regen und Kälte hin oder her. Ausführlich lasse ich mich von dem heute überaus unterbeschäftigten Cornetfräulein beraten. Über Geschmacksrichtungen, über das industrielle Herstellungsverfahren und über den Preis. Weil ich recht aggressiv feilsche, will mir schliesslich Imhof sogar Geld pumpen. Da füge ich mich halt dem vorgeschriebenen Preis und gebe sogar 20 Rappen Trinkgeld. Wegen der guten Beratung und wegen der süssen Zahnlücke.
Dann ist Pause. Hier bestätigen sich nun meine Befürchtungen betreffend hektisches, kindisches und peinliches Geschehen im Fansektor. Ein Polizist diskutiert recht erregt mit Fans, welche Verhaltensweisen während eines Spieles einfach nicht toleriert werden können. Das Betreten der Laufbahn ist so eine. Zudem kursieren Gerüchte eines Handgemenges zwischen Mitzu und Imhof. Was bitte schön soll denn das?
Noch vor Wiederanpiff erkläre ich schliesslich meinen "Abseits stehen"-Protest für beendet und stelle mich dann für 45 Minuten doch noch in den Fansektor. Grüssen tu ich dabei aber längst nicht alle, gewisse Internetgefechte aus vergangenen Tagen wirken noch nach.
Auf dem Spiele regiert derweil die Fussballmafia Made in Austria. Die Thuner Spieler bekommen Gelbe Karten für Nichtigkeiten. Rama dagegen wird im Servette Strafraum von den Beinen geholt, doch der Pfiff bleibt aus. Der Fernsehbeweis würde einen klaren Elfer zeigen. Und noch ein zweiter Elfer könnte sein, doch wieder pfeift der Schiedsrichtler nicht. Dieses Mal laut Fernsehbeweis zu recht. Es kommt vielmehr im Strafraum zu einem seltsamen Freistoss - der Schiedsrichtl will einen unerlaubten Rückpass gesehen haben.
Wir Fans sind nun ziemlich schlecht gelaunt, fürchten wegen den Fehlentscheiden schon um die verdienten Punkte. Doch dann man Streller in der 65. Minute mit einem Gewaltschuss alles klar: 3-1, Thun auf Siegeskurs.
Die Stimmung im Thunsektor ist nun nicht gerade ausgelassen, aber doch sehr laut. Es wird gesungen, gesprungen, zwei Polonaisen (zweimal ohne mich) ziehen durch die Reihen. Und der Schiedsrichtl pfeift ergebnislos weiterhin schlecht.
Schliesslich kommt ohne grosse Schlusshektik die Minute des Schlusspfiffes. Ein letztes "Vogelliesli" wird gesungen und die langen erfolglosen FCT-Monate können endlich für beendet erklärt werden. Thun gewinnt 3-1 und liegt wieder auf dem lettischen (=sechsten) Platz.
Der Fernsehbeweis zeigt nun nach Spielschluss eine jubelnde, auf dem Rasen rutschende Mannschaft und viele Fans, die ausser sich vor Freude sind. Wie gerne möchte ich diese Bilder von durch und durch fröhlichen, friedlichen, freundlichen und untereinander befreundeten Fans glauben. Aber Bilder (gilt auch für Bildgalerien im Internet) lügen halt ab und zu.

Matthias Engel