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Gertschen: «Meisterschaftsstart verschlafen»
19.12.2006Hintergrundinfos

Anmerkung: Folgendes Interview haben die beiden Thunfans Judihui und Mattäng exklusiv für das FC Thun Forum und die Interseite www.thunfans.ch führen können. Interviewtag war der Dienstag, 14. November 2006.

Reto Gertschen: "Meisterschaftsstart verschlafen"

Wenn ein Sportchef seinen Spielern erst beibringen muss, was es bedeutet, ein Thun-Trikot zu tragen, steht es schlecht um ein Team. Immerhin: Gertschen glaubt eine Steigerung zu erkennen. Doch weitere Transfers sind nötig.

Thunfans: Es steht zur Zeit nicht gut um den FC Thun. Woran liegt es?

Reto Gertschen: Es gibt sicher mehrere Einflüsse. In den letzten eineinhalb Jahren hat es im sportlichen Bereich (viele gute Spieler verloren / 14 neue Spieler geholt) und der sportlichen Führung (Trainer / Sportchef) doch einige Veränderungen gegeben. Man spielte in der Königsklasse nämlich der Champions League. Viele grosse und bekannte Clubs haben Mühe damit umzugehen und so etwas zu verkraften – geschweige dann ein „kleinerer“ und „bescheidener“ Club wie der FC Thun. Es hätte mich also erstaunt, wenn es bei dieser Anzahl von Veränderungen einfach so nahtlos weiter gegangen wäre, wie in der letzten Saison.
Wir haben aus diesen Gründen und auch durch die Integration der vielen neuen Spieler den Anfang der Meisterschaft verschlafen. Jetzt haben wir intensiv am Team und mit dem Team gearbeitet. Und es beginnt langsam Früchte zu tragen und zu funktionieren. Denn die letzten vier fünf Spiele waren auf einem guten Niveau.

Thunfans: Wenn man mit Trainer und Spieler spricht, scheint trotzdem allgemeine Ratlosigkeit darüber zu herrschen, warum es in dieser Mannschaft solche Leistungsschwankungen gibt.

Reto Gertschen: Ich denke von Ratlosigkeit kann keine Rede sein, aber dass gewisse Probleme und Leistungsschwankungen da waren, darüber müssen wir nicht diskutieren. In den letzten Spielen jedoch haben wir wieder eine gewisse Stabilität erreicht. Anfangs haben wir nicht nur schlecht gespielt, sondern auch der Einsatz war mangelhaft. Wir haben viele Tore kassiert und beinahe keine Chancen erarbeitet. Durch die Stabilität stehen wir nun relativ sicher in der Abwehr und haben viele Torchancen. Nun gilt es diese noch effizient auszunutzen und die Tore zu machen. Wir wussten eigentlich immer, wo wir ansetzen mussten, und das haben wir jetzt auch gemacht. Leider wurden wir dafür noch nicht belohnt.

Thunfans: Wo haben Sie angesetzt?

Reto Gertschen: Auf allen Ebenen. Vor allem hat man aber dem einen oder anderen Spieler aufzeigen müssen was es heisst, ein Trikot des FC Thun zu tragen und was es für eine Einstellung braucht um als Profi-Fussballspieler bestehen zu können, bzw. was wir von Ihnen erwarten. Man hat so einen gewissen Druck auch an die Spieler weiter gegeben. Zudem haben wir in der Aufstellung gewisse Umstellungen vorgenommen und damit vor allem den Konkurrenzkampf gefördert. Entsprechend hat sich das auf die Art und Weise des Spiels niedergeschlagen. Es ist besser geworden.

Thunfans: Für Aussenstehende ist es schwierig zu verstehen: Warum braucht es so lange, bis Spieler, die Jahre und Jahrzehnte lang Fussball spielen, effizient miteinander spielen können?

Reto Gertschen: Weil auf diese Saison hin sehr viele neue Spieler mit verschiedenen Charaktere und unterschiedlichen Kulturen zu uns gekommen sind und es schwierig ist alle in so kurzer Zeit unter einen Hut zu bringen.

Thunfans: Können Sie diese Faktoren noch vertiefen?

Reto Gertschen: Ja, nehmen wir zum Beispiel Südamerika. Da wird nicht nur ganz anders trainiert und ein anderer Fussball gespielt als bei uns, sondern das Leben allgemein ist ganz anders. Die Anpassung an unseren Fussball und unseren Lebensstil kann manchmal dauern und ist nicht ganz einfach. Mathias Delgado gilt heute als einer der besten Spieler. Aber bevor er einer der wichtigsten Spieler beim FC Basel wurde, dauerte es fast eineinhalb Jahre. Oft wird im Ausland auch der schweizerische Fussball zu leicht genommen und unterschätzt.
Kommt dazu, dass die Spieler, welche letztes Jahr mit dem FC Thun in der „Königsklasse“ nämlich der Champions League gespielt haben, auch erst wieder merken müssen, dass Ihnen deswegen nichts geschenkt wird und auch von Ihnen weiterhin sehr viel Einsatz gefragt ist. So sind es viele Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt, damit ein Team harmoniert und zusammen wachsen kann.

Thunfans: Dennoch: Zufrieden kann man mit der derzeitigen Situation des FC Thun nicht sein. Erwartet wurde, dass die Mannschaft mindestens zwei, drei Ränge weiter vorne liegen würde. Wie nehmen Sie als Sportchef in dieser Situation Einfluss auf die tägliche Arbeit? Als interimistischer Assistenztrainer sind Sie ja auch nahe bei der Mannschaft.

Reto Gertschen: Nein von Zufriedenheit kann keine Rede sein und wir diskutieren auch sehr oft zusammen, und zwar nicht nur über die tägliche Arbeit. Als es nicht so lief wie gewünscht, haben wir natürlich die Lage intensiver analysiert und danach Massnahmen getroffen. Da war ich direkt daran beteiligt.

Thunfans: Wie ist der Entscheid gefallen, die Jungen ins Team zu bringen?

Reto Gertschen: Eigentlich wollten wir den jungen Spielern mehr Zeit lassen, sich an die erste Mannschaft zu gewöhnen und sich zu integrieren. Aber da wir mit den bestandenen Spielern auch hohe Niederlagen einstecken mussten und nicht weiter gekommen sind, haben wir ganz einfach gehandelt. Und diese Massnahme hat einiges Positives gebracht. Kompliment an die jungen Spieler.

Thunfans: Damit hat man Druck auf die Spieler ausgeübt. Wie sonst noch?

Reto Gertschen: Die sportlichen Verantwortlichen haben mit gewissen Spielern sehr intensiv gesprochen und ihnen aufgezeigt, welches ihre Aufgabe ist und was es für Konsequenzen geben könnte.

Thunfans: Und das hat etwas bewirkt?

Reto Gertschen: Ja.

Thunfans: Wie kann man sich denn als Spieler wieder ins Team zurückkämpfen? Im Training? In den wenigen Spielminuten? Ferreira hat jetzt zwei Spiele lang nicht in der Startformation gestanden.

Reto Gertschen: :Grundsätzlich und sehr wichtig ist die tägliche Trainingsarbeit. Man bereitet sich ja meistens eine ganze Woche auf ein Spiel vor und sieht dabei, wer wirklich den Biss und den Willen hat, aufgestellt zu werden. Trainingseindrücke sind da sicher wesentlich. Wer zwei Wochen lang im Training das Tor nicht trifft oder immer wieder taktische Fehler begeht und nichts daraus lernt, der wird es wahrscheinlich im Spiel auch nicht umsetzen können. Aus diesem Grund müssen die Spieler auch im Training sehr konzentriert arbeiten.

Thunfans: Wie weit ist der Lohn Motivation? Die Spieler sind ja erfolgsorientiert entlöhnt.

Reto Gertschen: Mit den Prämien verdienen die Spieler zur Zeit tatsächlich nicht viel. Das Geld sollte aber nicht der Hauptgrund für die Motivation sein. Der Ansporn muss von innen kommen mit der Überzeugung, jedes Spiel gewinnen zu wollen. Wir haben in Gstaad die Gebrüder Schoch kennen gelernt (Snowboard-Olympiasieger; Anm. der Autoren). Sie machen ihren Sport nicht primär, um damit das grosse Geld verdienen zu können, sondern um zu siegen und ganz zuoberst auf dem Treppchen zu stehen. Das muss doch auch der Ansporn im Fussball sein. Wenn ein Spieler in seiner Karriere keinen Titel gewinnt, hat er ganz einfach das Beste und Schönste verpasst. Und wenn er sein Ziel erreicht, dann kommt das andere automatisch.

Thunfans: Fakt ist aber, dass die Mannschaft zur Zeit nicht gerade vor Selbstvertrauen strotzt. Warum arbeitet der FC Thun nicht mit Mentaltrainern?

Reto Gertschen: Es ist schwierig, dies in einer Gruppe zu realisieren. Einen Teil der Spieler würde es gar nicht interessieren. Ein Teil würde mal schauen, was es bringen könnte. Und vielleicht nur ein kleiner Teil wäre schliesslich wirklich daran interessiert und überzeugt von dieser Sache.

Thunfans: Aber das Selbstvertrauen des Teams ist zur Zeit wirklich ramponiert. Kommt ein Gegentreffen, so fällt das Team zusammen.

Reto Gertschen: Nun die ersten Spiele dieser Saison muss man auch zuerst verdauen. Danach muss man sicher die Lehren daraus ziehen, um schlussendlich wieder frei im Kopf zu sein. Auch das ist nicht ganz einfach. Aber während der letzten paar Spiele hat man eine klare Steigerung gesehen. Es zeigt uns auch, dass nicht nur Qualität, sondern auch Potential in unserer Mannschaft steckt. Das Selbstvertrauen ist wieder gestärkt und wir haben uns gegen Basel und GC auch gut gewehrt, der Situation entsprechend gut gespielt, aber noch nicht gewonnen. Die Spieler merken auch, dass sie auf dem richtigen Weg sind.

Thunfans: Aber in Schaffhausen war es – diplomatisch ausgedrückt - ein sehr defensives Spiel. Ist man mit der Punkteteilung zufrieden?

Reto Gertschen: Nein wir sind sicher nicht zufrieden auch deswegen nicht weil wir schon nach ein paar Minuten hätten 2-0 führen müssen. Danach haben wir uns zwar dem grottenschlechten Spiel von Schaffhausen angepasst und es dann aber leider in der Schlussphase wieder verpasst unsere Chancen zum Sieg zu nutzen.

Thunfans: Woran liegt es, dass man sich der Spielweise eines anderen Teams anpasst?

Reto Gertschen: Das ist das Phänomen „Fussball“. Warum kann man eine Halbzeit verschlafen und dann die nächste Halbzeit gut spielen? Es ist aber sicher eine Frage der Einstellung. Ausserdem passiert das einer über längerer Zeit erfolgreichen Mannschaft sicher viel weniger.


Thunfans: Was erwarten Sie von den letzten vier Spielen vor der Winterpause?

Reto Gertschen: Für mich ist der Zeitpunkt gekommen, dass wir in St. Gallen drei Punkte holen. Wir haben uns nun sukzessiv gesteigert und eine gewisse Stabilität und Kontinuität erreicht. Mit der notwendigen Überzeugung und Entschlossenheit werden wir dieses Spiel auch für uns entscheiden. Und bis zur Winterpause muss unser Ziel sein jedes Spiel gewinnen zu wollen.

Thunfans: Und wenn nicht?

Reto Gertschen: So oder so werden wir nach der Vorrunde zusammensitzen müssen und analysieren, was man noch alles tun kann, um besser zu werden.

Thunfans: In einem solchen Augenblick ist bei den meisten Klubs der Trainer ein Thema. Warum nicht beim FC Thun?

Reto Gertschen: Aus den eingangs erwähnten Gründen und ausserdem leistet Heinz Peischl sehr gute und seriöse Arbeit auf und neben dem Platz.

Thunfans: Wann kommt der neue Assistenztrainer?

Reto Gertschen: Dieser Posten sollte auf die Rückrunde hin neu besetzt werden. Viele Gespräche wurden geführt. Wir möchten noch vor Abschluss der Vorrunde den Mann bestimmen, so dass er auf Anfang Januar bereit ist. Bis dann wird Ruedi Baumann als Assistenztrainer wirken. Er hat jetzt ja Meisterschaftspause.

Thunfans: Wird es eine interne oder externe Lösung geben?

Reto Gertschen: Es wird eine externe Lösung geben.

Thunfans: Wo setzen Sie bei den Vorbereitungen für den nächsten Saisonabschnitt an?

Reto Gertschen: Bei der Planung der Vorbereitung für die Trainings und Spiele, sowie der Mannschaft. Diese laufen auf Hochtouren. Wir waren mehrere Male schon im Ausland, haben Spiele und Spieler beobachtet. Wir denken darüber nach gewisse Korrekturen anzubringen. Wie das aussehen wird, kann ich zur Zeit aber noch nicht sagen, um damit nicht die laufende Meisterschaft zu stören. Fest steht, dass einzig der Vertrag von Senaya im Winter ausläuft. Ihm habe ich schon gesagt, dass seine Chancen 50/50 sind. Wir werden mit ihm nächste Woche zusammensitzen und definitiv entscheiden.

Thunfans: Wird dann die Zeit nicht etwas knapp, für jemanden noch einen anderen Verein zu finden?

Reto Gertschen: Die Zeit ist meistens knapp!

Thunfans: Wie leicht kann man einen Spieler anderswo placieren, wenn er hier keinen Erfolg hatte?

Reto Gertschen: So einfach ist es sicher nicht. Aber wenn ein Spieler ehrlich zu sich ist, dann merkt auch er selber, dass es einfach nicht mehr passt. Und dann ist es für beide Seiten besser, neue Lösungen zu suchen. Es ist ja auch schon vorgekommen dass ein Spieler in einem Club keinen Erfolg hatte, um dann beim nächsten Klub so richtig zu explodieren. So ist Fussball. Manchmal gibt es für einen Spieler eine Lösung. Manchmal nicht. Nenad Savic hat zum Beispiel etwas zu spät reagiert und nun ein halbes Jahr seiner Karriere verloren.

Thunfans: Nochmals: Wo besteht Handlungsbedarf? Beim Sturm, weil zu wenig Tore erzielt werden? Im Mittelfeld, aus dem bis vor kurzem wenig Impulse kamen? Hinten, wo man mit den jungen Spielern auffüllen musste?

Reto Gertschen: Man kann sicher die eine oder andere Position mit jungen Spielern überbrücken. Aber sie werden nicht die ganze Saison durchspielen können. Beim einen oder anderen sieht man jetzt schon, dass sie physisch an ihre Grenzen kommen. Die jungen Spieler wird man auch künftig punktuell einsetzen können, um sie an die Liga zu gewöhnen. In einem halben Jahren oder einem Jahr sollten sie voll einsatzfähig sein. Aber ich muss auch sagen, dass sie ihre Sache bis jetzt ausgezeichnet gemacht haben. Aber über eigentliche Transfers kann man erst im neuen Jahr sprechen. Dann ist Pause, und dann haben wir eine halbe Saison hinter uns, auf die wir zurückblicken können. Dann kann ich konkreter werden.

Thunfans: Wie sieht Ihr Beziehungsnetz aus? Wie suchen Sie aktiv neue Spieler? Wie werden sie auf neue Spieler aufmerksam gemacht?

Reto Gertschen: Ich habe mich eigentlich ein Jahr lang nur noch wenig auf solche Dinge konzentriert. Ich hatte zwar immer noch lose Kontakte, musste dann aber plötzlich innerhalb von kurzer Zeit wieder Vollgas geben. Das war nicht ganz so einfach. Aber inzwischen hat sich die Situation beruhigt. Die Kontakte reichen nun von Südamerika bis Skandinavien. Aber man muss sich auf ein geographisches Gebiet konzentrieren. Denn die ganze Welt kann man nicht abdecken. Kommt hinzu, dass wir kein ausgebautes Scouting haben.

Thunfans: Gibt es Scouts?

Reto Gertschen: Offiziell nicht. Aber ich kenne Personen, die das für mich und uns machen. Andererseits werden wir von Spielervermittlern oder Kollegen in der Szene auf Spieler aufmerksam gemacht. Und wenn wir das Gefühl haben, dass der Spieler zu uns passen könnte, fahren wir hin und schauen ihn uns an. Ob sich dann etwas daraus ergibt, ist dann eine andere Sache.
Was übrigens viele Leute nicht wissen: Ein Nicht-EU-Spieler muss ein gewisses Niveau haben, um überhaupt in die Schweiz kommen zu können. Das Ranking der Weltrangliste ist entscheidend, das heisst, dass Spieler aus Ländern ab Rang 20 kaum Chancen haben.

Thunfans: Hat die Teilnahme an der Champions League dem FC Thun diesbezüglich etwas genützt? Steht der FCT immer noch mehr im Rampenlicht als andere Fussballklubs?

Reto Gertschen: Man erinnert sich sicher an uns.

Thunfans: Werner Gerber hatte einen Schwerpunkt auf Brasilien gesetzt. Bei Ihnen hat man das Gefühl, dass Sie eher auf Spieler aus Argentinien und Chile setzen.

Reto Gertschen: Ja, Uruguay, Argentinien, Chile haben genauso interessante Spieler. Aber das ist nicht unbedingt bewusst so, es hat sich einfach so ergeben. Ich denke, dass brasilianische und argentinische Spieler technisch beinahe ebenso gut, aber die Argentinier etwas aggressiver sind.

Thunfans: Welche Kriterien muss ein Spieler erfüllen, um von Ihnen engagiert zu werden?

Reto Gertschen: Sicher ist wichtig, wie der Spieler auftritt. Passt er auch zum FC Thun und ins Berner Oberland. Dann müssen sicher seine fussballerischen Qualitäten stimmen. Man muss auch wissen welchen Spielertypen man überhaupt braucht. Entscheidend auch ist nicht zuletzt der finanzielle Teil, dass das Preis / Leistungsgefüge stimmt.

Thunfans: Wie zum Beispiel Ailton?

Reto Gertschen: (Lacht) Er hätte sicher die Hälfte des Spielerbudgets verschlungen.

Thunfans: Haben mit ihm tatsächlich Gespräche stattgefunden?

Reto Gertschen: Ich habe einen oder zwei Tage nachdem die Meldung in der „Bild“ stand, ein Mail von seinem Hauptberater aus Hamburg erhalten. Aber ich musste ihm mitteilen, dass ich keine Ahnung hätte, wovon er spreche. Und irgendwann hiess es einmal, eine Dreierdelegation von Thun sei in Istanbul, um mit Ailton zu verhandeln.

Thunfans: Sie hatten eine angenehme Reise?

Reto Gertschen: Ja. (lacht) Wir waren alle drei hier in Thun. Es ist manchmal schon interessant, wie solche Meldungen entstehen.

Thunfans: Kürzlich war Oscar Scavione als Testspieler beim FC Thun. Werden Sie ihn engagieren?

Reto Gertschen: Wir meinen, dass er ein Spieler ist, der zu unserer Philosophie passen würde. Er ist jung und hat sehr gute Qualitäten und einiges Potential für die Zukunft. Ausserdem würde er vom Preis-/Leistungsverhältnis sehr gut in unser Gefüge passen. Jetzt diskutieren wir, ob wir ihn nach Thun holen wollen und in welcher Form. Wir sind ihm gegenüber sicher positiv eingestellt.

Thunfans: Wie sieht es im Frühjahr mit Testspielen aus?

Reto Gertschen: Wir fangen nach der Pause am 4. Januar wieder mit dem Trainingsbetrieb an. Dann wird es ein Spiel gegen Yverdon geben, eines gegen Münsingen und eines gegen Xamax. Dann geht es ins Trainingslager – wahrscheinlich in die Türkei. Danach gibt es nochmals ein Testspiel, bevor es am 10. / 11. Februar wieder mit der Meisterschaft losgeht.

Thunfans: Münsingen, Yverdon, Xamax: Sind diese Mannschaften ein Massstab für Thun?

Reto Gertschen: Für den Anfang sind das absolut optimale Gegner. Wir wollen dann im Trainingslager gegen internationale Gegner spielen. Und auch das letzte Testspiel nach dem Trainingslager sollte wieder ein Team aus der Super League sein.

Thunfans: Macht es Spass, gegen immer die gleichen Teams zu testen, gegen die man dann auch in der Meisterschaft noch zweimal antritt? Thun liegt ja zentral. Es wäre nicht so weit nach Deutschland, Oesterreich, Frankreich oder Italien.

Reto Gertschen: Es ist auch eine Zeitfrage. Wir hätten gegen St. Etienne spielen können. Das war aber innerhalb der Meisterschaft nicht möglich, da die Reise hin und zurück doch zu lang gewesen wäre.

Thunfans: Wie sieht es mit der Vorbereitung für den Sommer 2007 aus? Wenn man die Liste ansieht, dann gibt es eine Reihe von Spielern, deren Verträge Ende Juni 2007 auslaufen werden (Anm. der Autoren: Portmann, Hodzic, Deumi, Sinani Baumann, Tapia, Leandro, Carreno). Es kündigt sich schon wieder ein riesiger Umbruch an. Versucht man, diese Spieler zu halten?

Reto Gertschen: Mit Alain Portmann haben wir den Vertrag diese Woche vorzeitig um ein weiteres Jahr verlängert. Bei Armand Deumi weiss man nie. Er wollte in letzter Zeit immer gehen. Wir werden sicher mit ihm sprechen und schauen, wie er seine Zukunft sieht. Tapia wollen wir unbedingt halten. Die ersten Gespräche mit ihm haben schon stattgefunden. Carreno hat jetzt noch ein halbes Jahr, um sich zu beweisen. Und je nachdem, wie er sich entwickelt, wollen wir auch ihn halten. Bei den anderen ist es noch zu früh, um sich zu entscheiden. Wir schauen zuerst, wie sich die ganze Situation entwickelt. Aufgrund der Vorrunde habe ich im Augenblick das Gefühl, dass wir nicht unter Zeitdruck stehen. Im Februar bis April werden wir dann sehen, wer uns wirklich hilft.

Thunfans: Im Fan-Forum wurde gehofft, Mauro Lustrinelli käme wieder nach Thun. Ist er für Sie ein Thema?

Reto Gertschen: Natürlich. Ich habe versucht, ihn anzurufen. Nur habe ich ihn bisher nicht erreicht. Ich würde gerne einmal mit ihm über seine Situation sprechen. Aber da er bei Sparta wieder punktuell spielt, ist vielleicht sein Bedarf zu wechseln im Augenblick nicht mehr so gross.

Thunfans: Was macht eigentlich die U21-Mannschaft während der langen Pause?

Reto Gertschen: Sie haben spezielle Trainingseinheiten. Es wird einen spezifischen Aufbau geben. Sie trainieren jetzt durch bis Mitte Dezember. Sie beginnen mit Kraftraining, Koordinationstraining und so weiter. Sie haben bis zum Wiederbeginn zwar keinen Spielrhythmus. Aber die Zeit ist gut genutzt.

Thunfans: Was ist das Ziel für die U21-Mannschaft?

Die 1. Liga. Die Mannschaft wird jetzt sicher in die nächste Liga, die 2. Liga Interregional aufsteigen. Das werden sich die Spieler auch nicht mehr nehmen lassen. Im Gegenteil: Sie haben jetzt das Ziel, möglichst ungeschlagen durchzukommen. Die nächste Stufe wird mit stärkeren Mannschaften anspruchsvoller sein.

Thunfans: Weshalb kann Aegerter in der U21-Mannschaft spielen?

Reto Gertschen: Es dürfen maximal drei Spieler über 21 Jahren mitwirken. Aber sie dürfen im Spiel davor in der ersten Mannschaft nicht mitgespielt haben.

Thunfans: Zum Schluss: Wie gefällt Ihnen der Job in Thun?

Reto Gertschen: Sehr gut. Es ist eine schöne Herausforderung.